Wer kennt sie nicht, die Herausforderungen der Kommunikation! Die entscheidenden Inhalte eindeutig formuliert und zum optimalen Zeitpunkt genau den verantwortlichen Ansprechpartnern mitzuteilen, Aktionen oder Massnahmen einzuleiten – das ist im heutigen hektischen Berufsalltag eine Kunst sowohl der Führung als auch der Kommunikation. In unserer Arbeit erwies sich die Tier-Meeting-Struktur als patentes Hilfsmittel, um Abweichungen transparent aufzuzeigen, Probleme zu beseitigen oder zu verringern und dadurch Zeitaufwand und Ärger zu reduzieren oder gar zu vermeiden.
Einfacher und schneller Weg für Information und Eskalation in der Unternehmung
Ein wichtiger Erfolgsfaktor der Unternehmensführung ist die Kommunikation. Informationen über den Status und den Fortschritt der verfolgten Ziele sind dabei von grösster Wichtigkeit, um zeitgerecht auf Abweichungen und Probleme reagieren zu können. Bei Abweichungen vom angestrebten Ziel ist es von grosser Bedeutung, dass besprochene und definierte Aktionen bei der Umsetzung verfolgt und überwacht werden. Regelmässige «good news» und «bad news» sind ausschlaggebend, um die Mitarbeiter zu motivieren oder zu sensibilisieren.
Dies sind sicherlich keine Neuerkenntnisse. Doch im dauernd voll ausgefüllten Arbeitsalltag von Führungspersonen stellt die lückenlose Kommunikation an die Mitarbeitenden oft eine grosse Herausforderung dar. Sei es bereits in der Verfolgung der Umsetzung oder später in der Überwachung der Wirksamkeit der erzielten täglichen Fortschritte.
Voraussetzungen für eine Tier-Meeting-Struktur
Hier kommt die Tier-Meeting-Struktur mit nachgewiesenen Erfolgswerten ins Spiel. Doch welche Voraussetzungen müssen für deren Einführung erfüllt sein?
Die Basis dazu ist folgende: Das Management und die Führungspersonen müssen sich einhellig der Notwendigkeit einer einfachen und schnellen Kommunikation in ihrer Unternehmung bewusst sein. Sie müssen aber auch dazu bereit sein, neue Wege zu gehen. Und nicht zuletzt müssen sie in der Erfüllung dieser Aufgabe von den Mitarbeitenden als Vorbild wahrgenommen werden. Das heisst, sie müssen gewillt sein, von ihrer Hierarchiestufe bis hinab zur operativen Stufe eine Tier-Meeting-Struktur einzuführen. Dadurch wird der Kommunikationsplan entlastet, so dass die Anzahl Meetings, E-Mails und Chats wesentlich verringert wird.
Umsetzung der Tier-Meeting-Struktur
Die Tier-Meetings werden jeweils in der unmittelbaren Nähe des täglichen Arbeitsumfeldes an Whiteboards als Stand-Up-Event im Stehen abgehalten.
Für die jeweiligen Einheiten, beispielsweise Gruppen, Abteilungen oder Bereiche wie Produktionslinien, Dienstleistungsgruppen, Einkauf, Vertrieb, Qualität oder Reparatur, wird pro Stufe ein Board bereitgestellt. Über alle Einheiten wird eine generelle Meeting-Struktur festgelegt entsprechend der Unternehmensstrategie, wie zum Beispiel in Board für Arbeitssicherheit, Personal, Beschaffung, Lagerbestände, Produktion oder Dienstleistungsangebot, SIOP (Vertriebs-, Lager- und Betriebsplanung), Qualität, KVP oder Prozessmanagement-System.
Die Boards sind in zwei Bereiche aufgeteilt: Einerseits in die Kennzahlen (KPIs) und andererseits in die Beschreibung der Verfolgung von Information/Eskalation.
Einer der Teilnehmenden leitet das Tier-Meeting.
Jeder Verantwortliche einer Einheit schreibt die Kennzahlen und Fortschritte seiner individuellen Einheit auf das eigene Board.
Jeder Leiter der jeweiligen Gruppe, Abteilung oder des Bereiches muss anwesend sein. Er notiert sich den Status, die Fortschritte und Aktionen aus dem Tier-Meeting seiner Einheit und überträgt oder übermittelt sie an das übergeordnete Tier-Meeting. Ist er verhindert, wird er durch seine (bereits delegierte) Stellvertretung am Tier-Meeting repräsentiert.
Gäste aus anderen Einheiten wie Gruppen oder Abteilungen oder auch aus dem Management sind immer erwünscht. Dies fördert die Transparenz sowie das gegenseitige Interesse und die Wertschätzung.
Ermöglichen der zeitnahen Kommunikation
Das Intervall ist ein wesentlicher Faktor für die zeitnahe Information und Eskalation. Deshalb ist für das Unternehmen ein tägliches Intervall anzustreben. Es gibt Arbeitsbedingungen, die einen täglichen Rhythmus einer Tier-Meeting-Struktur mit physischer Präsenz nicht zulassen, wie zum Beispiel., wenn kein gemeinsamer Arbeitsort vorhanden oder dieser nur mit hohen Kosten von Fahrweg und Zeitaufwand zu erreichen ist. Hier kann das Intervall zweckmässig angepasst oder eine Online-Lösung gefunden werden.
Der Zeitaufwand für die Tier-Meetings beträgt je nach Grösse und Intervall 15 bis 30 Minuten. Somit benötigt ein Durchlauf der Kommunikation bei vier Stufen (Produktion bis Geschäftsleitung) etwa 1 ½ Stunden. Werden noch die Übergangszeiten mit einbezogen, ist die Kommunikation innert zwei Stunden durch die ganze Unternehmung gewährleistet.
Führen über die tägliche Kommunikation
Durch die Verfolgung der Fortschritte der gesetzten Ziele und der Bestimmung der Verantwortlichkeiten und der Terminüberwachung erhalten die leitenden Mitarbeitenden auf allen Stufen ein wirkungsvolles, transparentes und zugleich visualisiertes Tool. Die Kennzahlen (KPIs) und die Visulisierung zeigen allen Mitarbeitenden aktuell und einfach die momentane Situation ihrer Gruppe, Abteilung oder ihres Bereichs auf, und veranschaulichen, wer bis wann was zu tun hat.
Wichtig ist es zu erkennen, dass die Mitarbeitenden einen indirekten bis direkten Einfluss auf die KPIs nehmen können. Diese KPIs können sowohl finanzieller als auch nicht-finanzieller Natur sein. Zu letzterem Punkt gehören zum Beispiel Durchlaufzeiten, Stillstandzeiten, verarbeitete Meter pro Stunde, abgearbeitete Aufträge bis hin zu Anzahl Coachings von Mitarbeitenden oder Produktions- und Baustellenbesuche. Die Ziele müssen visuell auf dem Tier-Board oder online am «Tier-Bildschirm» täglich dargestellt und/oder in einem anderen sinnvollen und definierten Intervall nachgeführt und verfolgt werden. Damit kann bei einer Abweichung vom Ziel im Tier-Meeting eine Aktion bestimmt oder die Abweichung eskaliert werden.
Neue Aufgaben (Folgeaufgaben) oder ein verspäteter Termin sollen für jedermann und jederzeit erkennbar sein. Dies wird durch die Definition der Schriftfarbe (schwarz, blau, rot, grün) gewährleistet. Prioritäten, Qualitätsprobleme oder andere für das Unternehmen wichtige Kriterien können zum Beispiel mit definierten farbigen Pins oder Magneten hervorgehoben werden.
Die Problemursachen oder Lösungen werden nicht – oder falls doch mal sinnvoll, dann nur ansatzweise – im Tier-Meeting besprochen. Sie werden in der Regel ausserhalb und ausschliesslich mit den dafür erforderlichen Mitarbeitenden gesucht und erarbeitet.
Kann ein Problem nicht gelöst oder ein Entscheid in der jeweiligen Einheit aufgrund mangelnder Kompetenz oder nicht vorhandenen Wissens nicht gefällt werden, muss der Leiter des Tier-Meetings das Problem oder den anstehenden Entscheid ins nächsthöhere Tier-Meeting eskalieren lassen. Dies kann sich je nach Situation bis zur höchsten Tier-Meeting-Stufe, z.B. der Geschäftsleitung, fortsetzen.
Die gesamte Tier-Meeting-Struktur kann – sofern nötig und sinnvoll, zum Beispiel aufgrund verschiedener Standorte oder bei Aussendienst-Mitarbeitenden – auch online mit MS Teams, Zoom oder anderen Applikationen aufgebaut werden. Jedoch empfehle ich aus persönlicher Erfahrung die physische Präsenz.
Résumé
Mitarbeitende, die über alle Stufen informiert werden, sind motiviert, engagieren sich und identifizieren sich mit dem Unternehmen. Um dies zu ermöglichen, ist es unabdingbar, den leitenden Mitarbeitenden eine Kommunikationsstruktur zu bieten, die eine zielorientierte und zweckmässige Kommunikation und Führung ermöglicht. Die Tier-Meeting-Struktur ist ein mögliches Tool dafür, mit dem ich sehr gute Erfahrungen und Erfolge sammeln durfte.
Aufgaben von Aktionen und Massnahmen transparent darzustellen, zu verfolgen und zu überwachen ist zudem ein sehr essenzielles Mittel, um erfolgreich zu führen. Ein effizientes Kommunikationsmittel wie das Tier-Meeting, das es schafft, innert 24 Stunden von der Stufe operative Mitarbeitende über Gruppenleiter, Abteilungsleiter, Bereichsleiter bis hin zur Stufe Geschäftsleitung alle Beteiligten zu erreichen und umfassend zu informieren, das zudem fähig ist, innert 48 Stunden die Fortschritte der Aktionen und Massnahmen ohne weitere Meetings, E-Mails und Telefonate abzubilden, ist für die gesamte Leitung einer Unternehmung unverzichtbar.
Ivan Brunner
ivan.brunner@affinitas.ch
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